Bundesvorstandssitzung am 05. September 2008

05.09.2008

Am 5. September kam im Vorfeld des Tages der Heimat der Bundesvorstand der Ost- und Mitteldeutschen Vereinigung der CDU/CSU (OMV) in Berlin zusammen.
OMV-Bundesvorstandssitzung 5. September 2008

Zu Beginn der Sitzung begrüßte der Bundesvorsitzende, Helmut Sauer (Salzgitter), die anwesenden Vorstandsmitglieder und Gäste. Herzlich hieß er den Vorsitzenden der Gruppe Vertriebenen, Flüchtlinge und Aussiedler, Jochen-Konrad Fromme MdB, sowie Prälat Wolfgang Globisch aus Oppeln, den Bischöflichen Beauftragten für die Seelsorge der dortigen deutschen Volksgruppe, willkommen. Sauer ging auf das schwere Amt von Prälat Globisch ein und hob hervor, dass dieser das besondere Vertrauen des Erzbischofs der Diözese Oppeln, Prof. Dr. Alfons Nossol, genieße.
Sodann wurde der Verstorbenen, Christine Baumdick, Referentin der Gruppe der Vertriebenen, Flüchtlinge und Aussiedler der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, sowie des ehemaligen Bundestagsabgeordneten Gerhard Dewitz, vormals Landesvorsitzender des Bundes der Vertriebenen (BdV) in Berlin, ehrend gedacht. Der Bundesvorsitzende dankte herzlich dem Gruppenreferenten Alexander Bartsch (30) (Bernau), der zum 31. Oktober berufsbedingt die Bundesgeschäftsgeschäftsstelle der OMV verlassen wird, für seine hervorragende Mitarbeit und stellte dessen Nachfolger, Herrn Marc-Pawel Halatsch (28) (Biesenthal), vor.
Weiterhin gratulierte er den OMV-Bundesvorstandsmitgliedern Prof. Dr. Michael Pietsch sowie Erika Steinbach MdB, die leider beide nicht anwesend sein konnten, zu ihren besonderen Geburtstagen.

Sauer berichtete schließlich von Wahlen in den Landesverbänden der OMV: In Brandenburg wurde Jesko von Samson-Himmelstjerna (34) (Bernau), Referent im Leitungsstab des Staatsministers für Kultur und Medien, zum neuen Landesvorsitzenden gewählt. Er löst damit Staatssekretär a. D. Manfred Walther ab, der die Brandenburger OMV seit ihrer Gründung geführt hatte. Stellvertretende Landesvorsitzende wurden Landrat Hans Lange sowie der Jurist Alexander Bartsch, bisheriger Referent in der OMV-Bundesgeschäftsstelle. In Nordrhein-Westfalen wurde Staatssekretär a. D., Regierungspräsident von Münster, Dr. Peter Paziorek, in seinem Amt als Landesvorsitzender bestätigt. Zu Stellvertretern wurden unter anderem die OMV-Bundesvorstandsmitglieder Maria-Elisabeth Schiebuhr (Köln), Rüdiger Goldmann (Düsseldorf) sowie Michael Weigand (Mönchengladbach) gewählt.

Im Anschluss daran berichtete Jochen-Konrad Fromme MdB aus der Arbeit der Gruppe der Vertriebenen, Flüchtlinge und Aussiedler der CDU/CSU-Bundestagsfraktion seit der letzten Bundesvorstandssitzung der OMV. Fromme ging zunächst auf die Fachkonferenz "Zwei Jahrzehnte Politik für Aussiedler und nationale Minderheiten" der Konrad-Adenauer-Stiftung ein, die am 3. und 4. September in Berlin stattgefunden hatte. Auf dieser sei unter anderem die Bundeskanzlerin, Dr. Angela Merkel, anwesend gewesen und habe ein ausführliches Grußwort an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Wissenschaft und Praxis gerichtet. Ein Schwerpunktthema der Tagung seien die Aussiedler bzw. Spätaussiedler gewesen. Es hätte sich gezeigt, dass viele Vorurteile gegen diese, wie beispielsweise eine überdurchschnittliche Kriminalität oder Arbeitslosigkeit, sachlich falsch seien. Dies könne als Zeichen einer gelungenen Integration gedeutet werden. Fromme lobte die Arbeit des Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen in den vergangenen 20 Jahren und bekannte sich zum Bestand des Amtes für die Zukunft.

Scharfe Kritik übte Fromme an der Entscheidung des Rates der Stadt Bonn, dem 2006 verstorbenen Herbert Hupka wegen "mangelnden unmittelbaren Bezuges" zur Stadt keine Straße widmen zu wollen, obwohl er über 50 Jahre Bonner Bürger gewesen war und sogar ein Buch über Bonn geschrieben hatte. Herbert Hupka habe die wechselvolle deutsche Geschichte des 20. Jahrhunderts zu spüren bekommen. Nach den schmerzlichen Erfahrungen mit der nationalsozialistischen Diktatur, den Schrecken des Zweiten Weltkrieges und der grausamen Vertreibung der Deutschen am Ende des Zweiten Weltkrieges und danach sei er nicht nur zu einem geistreichen Kommentator der Geschehnisse, sondern ebenso zu einem leidenschaftlichen Verfechter von Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit geworden. Das Recht des deutschen Volkes auf Selbstbestimmung, die Geltung unveräußerlicher Menschenrechte und das Recht auf die angestammte Heimat seien für ihn Kardinalfragen der Politik gewesen. Sauer, der 25 Jahre in Bonn gelebt hat, ergänzte, SPD und Grüne hätten ein widerliches parteipolitisches Verhalten an den Tag gelegt, zumal man für ein bundesweit durch Skandale aufgefallenes grünes Selbstmordpärchen ohne jeglichen Bonnbezug sogar eine Allee freigegeben habe.

Fromme berichtete weiter darüber, dass das Gesetz zur Änderung des Heimkehrerstiftungsaufhebungsgesetzes nach einem langen und teils beschwerlichen Weg nunmehr zum 1. Juli 2008 in Kraft getreten und die Auszahlung der Kriegsheimkehrerentschädigung Ost damit vorgezogen worden sei. Ein besonderes Augenmerk warf der Vorsitzende der Gruppe der Vertriebenen, Flüchtlinge und Aussiedler auf die Anerkennung der Ausbildungs- und Studienleistungen von Spätaussiedlern. Diese stelle derzeit eine hohe Hürde für die Aufnahme einer der Ausbildung entsprechenden Tätigkeit dar. Hier bestehe ein erheblicher Handlungsbedarf. So müsse das Anerkennungsverfahren transparenter gestaltet werden. Weiterhin befürwortet Fromme die Entwicklung zielgerichteter Programme, um fehlende Qualifikationsbestandteile künftig nachholen zu können.

Erfreut zeigte er sich darüber, dass demnächst in Polen erste deutschsprachige Ortsschilder aufgestellt würden. So dürfe "Radlów" zukünftig wieder den Namen "Radlau" führen und der oberschlesische Ort mit der amtlichen (polnischen) Bezeichnung "Lubowice" den deutschen Namen "Lubowitz".

Fromme begrüßte schließlich den Kabinettsbeschluss der Bundesregierung zur Errichtung der "Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung" vom 3. September und bezeichnete diesen als einen großen Erfolg von CDU und CSU. Seit dem Jahr 2000 seien CDU und CSU für ein "Zentrum gegen Vertreibungen" in Berlin eingetreten. Auf Betreiben der Union sei das Projekt als "sichtbares Zeichen" in den Koalitionsvertrag aufgenommen worden. Im März dieses Jahres sei das grundlegende Konzept hierzu verabschiedet worden. Fromme betonte erneut, dass die Besetzung des Aufsichtsgremiums nicht ohne die Einbindung der Betroffenen stattfinden dürfe. Nach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung stünden dem Bund der Vertriebenen drei Mitglieder im Stiftungsrat zu. Das diesbezügliche autonome Besetzungsrecht des BdV müsse respektiert werden. Der Bundesvorsitzende Sauer dankte Fromme für seinen unermüdlichen Einsatz um die Errichtung des Vertriebenenzentrums.

Im Anschluss an den Bericht des Vorsitzenden der Gruppe der Vertriebenen, Flüchtlinge und Aussiedler fand im Bundesvorstand eine Aussprache zu den angesprochnen Themen statt.
Hierauf gewährte Prälat Wolfgang Globisch, der aus Oppeln angereist war, den Anwesenden einen umfassenden Einblick in die derzeitige Lage der deutschen Volksgruppe in Oberschlesien. Nach seiner Einschätzung steckten die deutschen Volksgruppen (fast überall) in einer schweren Krise. Ein herausragendes Problem stelle in vielen Gebieten die Zurückgewinnung der (deutschen) Muttersprache – als Kulturgut - dar, die dort nach vielen Jahren oft verloren sei. Besonders ausführlich schilderte Globisch das Sprachproblem im Gottesdienst. Er berichtete von zahlreichen Bemühungen, beispielsweise durch Schulungen und Handreichungen, das Halten kirchlicher Feiern zu erleichtern.

Globisch informierte des Weiteren über die deutsch-polnische Joseph von Eichendorff-Bibliothek in Oppeln. Die Bibliothek sei im Jahr 2000 nach einer Initiative des Bundesinnenministeriums eingerichtet worden. Ihr Zweck bestünde darin, den Menschen den Zugang zu deutscher Literatur zu erleichtern. Um auch dem Versöhnungsgedanken Rechung zu tragen, sei sie zweisprachig ausgerichtet. Neben der Bibliothek seien ständig zwei Bücherbusse im Land unterwegs, um interessierten Menschen die Literatur näher zu bringen. Globisch erwähnte, dass die Bibliothek neue Bücher heute über Spenden erwerbe. Im vergangenen Jahr habe man erstmals 4.000,- Euro vom Goethe-Institut erhalten.

Schließlich machte Globisch die Anwesenden mit fünf Thesen zu der Frage bekannt, ob die Volksgruppe ihre Identität und insbesondere ihre Muttersprache nach 45 Jahren wieder gewinnen kann. Diese hatte er erstmals in der Juli-Ausgabe des Bulletins "Heimatkirche" vorgestellt. Erste Voraussetzung sei danach der Gebrauch der deutschen Sprache in Kindergarten und Schule. Jeder der fünf Oppelner Kreise, in dem die Minderheit die Mehrheit hat, sollte mindestens fünf deutsche Schulen jedes Grades haben. Zweite Voraussetzung sei der tägliche Umgang mit der deutschen Sprache in den deutschen Familien. Drittens sei ein intensives Vereinsleben im Rahmen der Deutschen Freundschaftskreise (DFK) erforderlich. Viertens müsse es eine kulturelle Koordinierungsstelle geben, die die DFK-Vorstände durch konkrete Handreichungen und Hilfsmaterialien unterstützt. Schließlich sei eine Zusammenarbeit aller Gremien erforderlich. Unverständlich sei daher, dass die Volksgruppe sich durch innere Konflikte selbst geschwächt habe.

In der nachfolgenden Aussprache wurde besonders angemahnt, dass in der Zukunft der Austausch von Jugendlichen der deutschen Volksgruppe mit bundesdeutschen Jugendlichen im Rahmen des Deutsch-Polnischen Jugendwerks verstärkt werden müsse.

Helmut Sauer dankte Prälat Globisch für seinen ausführlichen und interessanten Bericht und seinen großartigen Einsatz nicht nur in der Kirche vor Ort, sondern generell im kulturellen Leben und in der Versöhnungsarbeit.

Anschließend berichtete er über das Problem der neuen Steuer-Identifikationsnummern, mit denen vielen Heimatvertriebenen derzeit falsch bescheinigt werde, dass sie in Polen geboren worden seien. In dieser Sache werden die OMV und die Gruppe der Vertriebenen, Flüchtlinge und Aussiedler aktiv bleiben, um möglichst eine unbürokratische Richtigstellung der falschen Angaben für die Betroffenen zu erreichen.

Sauer thematisierte weiterhin, dass Flucht und Vertreibung mit Beginn des neuen Schuljahres zum verbindlichen Unterrichtsthema in den allgemeinbildenden Schulen des Landes Niedersachsen gemacht werde. Hiermit werde eine langjährige Forderung der niedersächsischen OMV nunmehr in die Tat umgesetzt.

Der Bundesvorsitzende beendete die Vorstandssitzung mit einem Dank an alle Bundesvorstandsmitglieder und Gäste und Hinweisen zu dem am nächsten Tag unter dem Motto "Erinnern und Verstehen" stattfindenden Tag der Heimat des Bundes der Vertriebenen in Berlin.

Bildunterschrift: 
(vorne v.l.n..r.) Jochen-Konrad Fromme MdB, Helmut Sauer (Salzgitter), Pfarrer Wolfgang Globisch (Oppeln) (mitte v.l.n.r.) Maria-Elisabeth Schiebuhr, Rüdiger Goldmann, Margaretha Michel, Gudrun Osterburg MdL (hinten v.l.n.r.) Klaus Schuck, Andreas Grapatin MdL, Dr. Sieghard Rost, Oliver Dix, Dietrich Hoth, Bernhard Scheer, Manfred Balmes, Michael Weigand, Winfred Fischera und Wolfgang Ehlers