Bundesvorstandssitzung am 30. März 2012 in Berlin

04.04.2012

Der am 2. Dezember 2012 bei der Bundesdelegiertentagung der Ost- und Mitteldeutschen Vereinigung - Union der Vertriebenen und Flüchtlinge der CDU/CSU (OMV) neu gewählte Bundesvorstand der Vereinigung kam am 30. April 2012 im Berliner Konrad-Adenauer-Haus zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen.
Der Bundesvorsitzende Helmut Sauer (Salzgitter) nutzte diese Gelegenheit, sämtliche gewählten und kooptierten Vorstandsmitglieder vorzustellen. Ein herzliches Willkommen gab es für die neu ins Gremium gekommenen Beisitzer Christoph Zalder (Stuttgart) und Stephan Krüger (Köln). Ebenfalls begrüßt wurde der stellvertretende Vorsitzende des OMV-Landesverbandes Hamburg Rolf Duunsing. Dieser war anwesend, da der langjährige Landesvorsitzende und Beisitzer im Bundesvorstand Dietrich Hoth am 24. Februar 2012 verstorben war.

Unter der Leitung des OMV-Hauptgeschäftsführers Klaus Schuck (Bonn) wurden zunächst die Beschlüsse der zurückliegenden Bundesdelegiertentagung besprochen.

Deutsche aus Russland brauchen unsere Solidarität

Als ein wichtiges Thema dabei präsentierte sich das Neunte Änderungsgesetz zum Bundesvertriebenen- und Flüchtlingsgesetz (BVFG), das am 9. Dezember 2011 in Kraft getreten war. Mit dieser Änderung konnte eine lange überfällige Härtefallregelung zum Familiennachzug von Spätaussiedlern eingeführt werden. Die OMV hatte nach dem Beschluss gemeinsam mit dem Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedler und nationale Minderheiten, dem Parlamentarischen Staatssekretär (PStS) Dr. Christoph Bergner MdB, nachdrücklich darauf gedrungen, dass in Absprache mit dem Bundesverwaltungsamt (BVA) eine Regelung gefunden werden muss, wie das Gesetz im Sinne seiner Zielgruppe umgesetzt werden kann. Die unterdessen vorgelegte Verwaltungsvorschrift des BVA stehe jedoch in eklatantem Widerspruch zu Wortlaut und Begründung des Gesetzestextes, machte Vorstandsmitglied Oliver Dix (Braunschweig) deutlich. Nach massiver Kritik auch von Regierungsseite müsse hier nun nachgearbeitet werden. Es könne nicht sein, dass die eindeutig als Erleichterung gemeinte Änderung nun dazu benutzt werde, unseren Aussiedlern Steine in den Weg zu legen.

Zukunftsperspektiven der Heimatsammlungen

Ebenfalls besprochen wurden die Zukunftsperspektiven der Heimatsammlungen, -stuben und -museen der Vertriebenen. Viele der über Jahrzehnte hinweg gepflegten Sammlungen seien aktuell in ihrer Existenz bedroht, da zum Teil weder Mittel noch Arbeitskraft für den Erhalt zur Verfügung ständen. Als Resultat - und Kardinalproblem - würden Ausstellungsstücke oft in Stadtarchive überführt oder verkauft; es finde keine Präsentation mehr statt. Andererseits würden Bestände aus den Heimatmuseen der Patenstädte an die Archive in der Heimat gegeben. Die existierenden Initiativen, welche dieser Entwicklung Herr zu werden versuchen, müssten nun gemeinsam an einem Strang ziehen, erklärte Helmut Sauer. Der stellvertretende Bundesvorsetzende Prof. Dr. Michael Pietsch (Mainz) bezeichnete es dabei als wichtigstes Ziel, die Sammlungen auch zukünftig der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Oliver Dix betonte weiterhin, dass die Sammlungen aber nicht auseinandergerissen werden dürfen, da jede einen bestimmten Charakter besitze, der für die Begegnung mit der Geschichte und die Aufarbeitung von Traumata entscheidend sei. Zur näheren Erörterung dieser Problematik schlug der Bundesvorsitzende vor, im Jahr 2012 jeweils eine Tagung am 18. Juni 2012 in Köln bei der Breslauer Heimatsammlung sowie im Herbst in München im Sudetendeutschen Haus durchzuführen.

Bericht des Bundesvorsitzenden

In seinem Bericht zog der Bundesvorsitzende ein positives Resümee aus der OMV-Bundesdelegiertentagung im Dezember. Sämtliche Redebeiträge und auch das Presseecho hätten eindrucksvoll gezeigt, dass CDU/CSU weiterhin fest an der Seite der Vertriebenen stehen und die Vereinigung aktiv unterstützt wird. Zudem sei deutlich geworden, dass die OMV in der politischen Vertriebenenarbeit immer wichtige Zeichen zu setzen weiß.

Im Folgenden wies Sauer auf wichtige OMV-Termine in diesem Jahr hin, wie z.B. den Tag der Heimat (TdH) des Bundes der Vertriebenen (BdV) am 9. September in Berlin sowie den 25. Bundesparteitag der CDU am 3. Dezember in Hannover. Für den TdH habe der Hessische Ministerpräsident Volker Bouffier MdL als Redner gewonnen werden können. Ferner wird von Seiten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, der Gruppe der Vertriebenen, Aussiedler und deutschen Minderheiten der CDU/CSU-Fraktion und der OMV für den 15. Oktober 2012 ein vertriebenenpolitischer Kongress in Berlin mit der Bundeskanzlerin durchgeführt.

Der Bundesvorsitzende bemerkte weiterhin, dass der neue Bundespräsident Joachim Gauck zu den Unterstützern des Zentrums gegen Vertreibungen (ZgV) gehört. Außerdem habe dieser in seiner Dankesrede nach der Wahl die wichtigen Leistungen der Vertriebenen beim Wiederaufbau Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg herausgestellt. Im Hinblick auf einen „Nationalen Gedenktag für die Opfer von Vertreibung" müssten jedoch noch erhebliche Anstrengungen getätigt werden.

Als wichtige Neuigkeit bezeichnete Sauer die endlich bekannt gewordenen, vorläufigen Ergebnisse der letztjährigen Volkszählung in Polen. Aus dieser sei die deutsche Volksgruppe mit 109.000 dort erfassten Mitgliedern nur noch als drittstärkste Minderheit hervorgegangen, während 809.000 Menschen sich zum „Schlesiertum" bekannt hätten. Der Rückgang der Mitgliederzahl sei zwar auch heute noch aus den jahrzehntelangen Repressalien der kommunistischen Diktatur und der noch immer ungenügenden Minderheitensprachförderung erklärbar. Andererseits könnten die Veränderungen im Vergleich zur letzten Volkszählung im Jahr 2002 insbesondere im Hinblick auf die Anzahl der Schlesier auch als statistische Verzerrung gesehen werden. Kaczynskis Propaganda, kurz vor der Volkszählung die „schlesische Nationalität" als eine „verkappte deutsche Option" zu bezeichnen, habe negative Wirkung gezeigt. Viele Deutsche hätten aus Protest, aber auch aus Angst, ihr Kreuz bei „schlesisch" gesetzt. Nur so ließen sich diese Zahlen erklären. Trotz der Förderdefizite im Sprachbereich müsse man anerkennen, dass die Volksgruppe sowohl aus Berlin als auch aus Warschau für ihre Initiativen Rückenwind bekommt. So habe es zuletzt einen sehr freundlichen Empfang mit Gesprächen beim polnischen Staatspräsidenten Komorowski gegeben.

Kritisch äußerte sich der Bundesvorsitzende gegenüber einer EU-Verordnung, nach der nur noch in der Oppelner Gegend gebackener „Schlesischer Streuselkuchen" („kolacz slaski") als solcher bezeichnet werden darf. Eine polnisch-oberschlesische Bäckervereinigung hatte diese geografische Schutzmarke durchsetzen lassen. Dagegen müsse bei den zuständigen EU-Abgeordneten protestiert werden. Es könne nicht angehen, dass deutsche Bäcker aus Niederschlesien und Bäcker mit Vertriebenenhintergrund in ganz Deutschland, deren Familien ihre Originalrezepte gerettet hatten, nun ihren traditionellen „Schlesischen Streuselkuchen" nicht mehr als solchen bezeichnen dürften. Setze sich eine solche Politik durch, werde es zukünftig auch kein „Danziger Goldwasser", keine „Königsberger Klopse" und kein „Schlesisches Himmelreich" aus deutscher Produktion mehr geben. Sauer wies aber gleichzeitig darauf hin, dass etliche Juristen der Auffassung sind, „kolacz slaski" sei mit „Schlesischer Streuselkuchen" falsch übersetzt worden, und die Angelegenheit könne sich auf diesem Wege erledigen.

Arbeit für Vertriebene und Aussiedler in Sachsen

Als wichtige Meldung aus den Landesverbänden hatte Vorstandsmitglied Adolf Braun die Nachricht mitgebracht, dass er zum Referatsleiter u.a. für Vertriebene und Aussiedler in Sachsen berufen worden war. „So" hat die dortige CDU-geführte Landesregierung ihr Wahlversprechen umgesetzt, das auch in den Koalitionsvertrag mit der FDP Eingang gefunden hatte. Braun erklärte, das Amt sei direkt bei der Staatskanzlei angesiedelt und habe damit einen dem wichtigen Aufgabenfeld entsprechenden Stellenwert erhalten. Er zeigte sich überzeugt, aus seiner neuen Position heraus, sowohl im Bereich der Politik als auch im Bereich der Eingliederung neue Impulse in Sachsen setzen zu können. Außerdem sei die organisatorische Neugliederung des BdV Sachsen in Arbeit.

Weniger positiv konnte OMV-Schatzmeisterin Iris Ripsam (Stuttgart) aus Baden-Württemberg berichten. Ähnlich wie unter Rot-Grün im Bund zwischen 1998 und 2005 habe die grün-rote Landesregierung begonnen, die jahrzehntelang erfolgreiche Arbeit der CDU für die Vertriebenen, Flüchtlinge, Aussiedler und Spätaussiedler zu behindern. Nachdem bereits die Einsetzung eines Landesbeauftragten verweigert worden war, seien nun die Verantwortlichkeiten für die Vertriebenen und Aussiedler zwischen dem Innen- und dem Integrationsministerium aufgeteilt worden. Insbesondere weil die Aussiedler nun erneut wie „normale Migranten" behandelt würden, obgleich sie laut Grundgesetz von vornherein Deutsche sind, könne dies zukünftig zu großen Problemen führen.

Besuch der Ausstellung „HeimatWEH"

Im Anschluss an die Sitzung besuchte der Vorstand die neue Ausstellung „HeimatWEH" des ZgV im Berliner Kronprinzenpalais. Diese Ausstellung, welche die gesamte Trilogie der bisherigen ZgV-Ausstellungen („Erzwungene Wege", „Die Gerufenen", „Angekommen") vereint, war im Rahmen des Jahresempfanges des BdV am 20. März 2012 unter großem öffentlichem Interesse eröffnet worden. Zu den ersten Gästen hatten die Bundeskanzlerin und CDU-Bundesvorsitzende Dr. Angela Merkel MdB und der Bundesminister des Innern Hans-Peter Friedrich MdB (CSU) gehört. Vor Ort machte sich der OMV-Bundesvorstand ein eigenes Bild von der beeindruckenden Dokumentation eines wichtigen Teils der Siedlungsgeschichte Europas, den Vertreibungen von mehr als 30 Volksgruppen im 20. Jahrhundert sowie der Integration der deutschen Heimatvertriebenen nach dem Zweiten Weltkrieg.